Eröffnungsfeier – ohhh je!: Die ersten Gäste kommen schon. Schnell jedem ein Glas Sekt in die Hand drücken. Dann nach hinten: Die Handwerker sind noch mit dem Licht beschäftigt. „Die Kaffeemaschine funktioniert nicht richtig“ tönt es von vorne. Dann das Geräusch, das keiner braucht: Gläser fallen auf den Boden. Es ist fix so voll geworden im Restaurant, dass der Service nicht mehr durchkommt. Das Flying-Buffet ist ratz-fatz leer. Im Vorbeihasten höre ich: „Ganz schön kleine Portionen.“

So oder ähnlich laufen viele Eröffnungsfeiern von Restaurants, Cafés und Feinkostläden ab. Komplett chaotisch und im schlimmsten Fall mit verheerenden Auswirkungen.

Wie es mit entsprechenden Pre-Opening Maßnahmen auch anders geht erfahre ich heute im Interview mit Jan-Peter Wulf von nomyblog. Der Gastro-Experte erklärt in seinen fünf Tipps für angehende FoodPreneure: Warum Kundenkontakt und Perspektivwechsel so wichtig sind, damit das Restaurant bestmöglich flott ist für Gäste und Presse. Warum er als Journalist Eröffnungsfeiern vermeidet. Und warum er viel von „Soft-Openings“ hält.

1. Zeitstrahl erstellen: Wann mache ich was mit wem?

Ein Tagescafé oder Restaurant zu eröffnen ist komplex – ein richtiges Monsterprojekt. Es gibt viel zu beachten, vor allem, wenn Du später nicht alleine im Laden stehst. Meine Empfehlung: frühzeitig Gedanken machen mit Hilfe eines Zeitstrahls. Der Zeitraum umfasst dabei die vier bis sechs Monate vor Eröffnung, den Eröffnungstag und je nach Konzept mehrere Monate nach Eröffnung.

Countdown runterschreiben: Was wird wann wichtig? – Jan-Peter Wulf

Machen: Best Practices

Planen ist gut. Überprüfung ist besser. Jetzt gilt es den Plan mit der Wirklichkeit abzugleichen um Fehler zu minimieren.

  • Sprich mit 3 -5 Gastronomen, die bereits ein Opening hinter sich haben. Hier bekommst Du jede Menge wertvolle Tipps zur Verbesserung

2. Fachberatung einholen: Was für einen Mehrwert hat das für mich?

Ja, gute Fachberatung ist teuer. Aber Nichtwissen hat schon viele Gastronomen den Kopf gekostet. Ich empfehle eine Beratung bei einem Gastronomieberater, der wirklich aus der Praxis kommt und selbst trainiert. Diese Betriebsausgabe solltest Du direkt in den Businessplan mit einkalkulieren. Das ist ein Investment, das sich auszahlt, denn:

  • Du bekommst den Expertenblick auf Deinen Case – einen Perspektivwechsel
  • Du erfährst, welche Fehler Du sonst gemacht hättest, die andere schon gemacht haben
  • Du bekommst eine Einschätzung und Empfehlung zu Deiner SWOT-Analyse im Businessplan

Profi-Beratung durch einen Gastro-Insider ist ein gutes Investment – Jan-Peter Wulf

Machen: Vorbereitung

  • Beraterauswahl: Am besten jemanden vor Ort. So entfällt die teure Anreise und der Berater hat Kenntnisse der lokalen Szene, des Publikums, der Kaufkraft etc.
  • Kennenlerngespräche: Diese Gespräche sind oft kostenlos. Hier bekommst Du schnell ein Gefühl für Aufwand in Zeit und Geld und zum anderen welcher Berater wirklich zu Dir und Deinem Projekt passt.
  • Gesprächsvorbereitung: Was ist Dein Ziel für das Gespräch? Wo brauchst Du Unterstützung? – Fragenkatalog erarbeiten, damit Du möglichst viel aus dem Gespräch rausholst.

3. Produkte und Prozesse verbessern: Wie komme ich an Kunden-Feedback?

Deine Gastronomie musst Du Dir immer voll vorstellen. Voll mit Menschen die essen und trinken und eine gute Zeit haben. Somit brauchst Du eine Vorstellung davon: Wie wirkt dein Raum eigentlich auf Deine späteren Kunden? Wie ist die Akustik? Die vielzitierte Atmosphäre? Um Betriebsblindheit auszuschalten hilft der Perspektivwechsel: Hole Dir Feedback von Menschen ein, möglichst bevor Du Dein Restaurant oder Deinen Laden eröffnest.

Machen: Pre-Opening Events

Hier laden Gründer in der Vor-Eröffnungsphase Menschen – Freunde, Handwerker, Nachbarn etc. – zum Testessen ein. Die Gäste zahlen mit Feedback anstatt mit Geld. Im Gespräch oder auch mit schriftlichen Fragebogen kann dann Feedback zum Essen, Service, Akustik, Atmosphäre etc. eingeholt werden. So kann noch vor der Eröffnung an Verbesserungen gearbeitet werden.

Kundenfeedback willkommen heißen!

Probiere unterschiedliche Wege aus um an wertvolles Kundenfeedback zu kommen. Sei dankbar für jeden unzufriedenen Gast, der Dir Feedback gibt. Feedback zu Deinem Laden, dem Essen, Ambiente, Service oder was auch immer. Er gibt Dir die Möglichkeit zur Verbesserung.

Wie kommst Du überhaupt an diese Infos? Ab einer gewissen Unternehmensgröße bist Du als Betreiber in der Regel selten im direkten Gästekontakt. Da bekommst Du oft gar nicht mit, wenn was Negatives passiert. Was sagen wir immer, wenn wir im Restaurant gefragt werden: „Hat es Ihnen geschmeckt?“ Hand auf Herz: Wir sagen „gut“, auch wenn es nicht geschmeckt hat. Da bin ich schon genervt bzw. enttäuscht und habe keine Lust mich damit weiter zu beschäftigen. Schlimmstenfalls sage ich nichts, erzähle meinen schlechten Eindruck weiter und poste dann meine Meinung in einem Bewertungsportal. Das gilt es zu vermeiden.

Negatives Feedback, das weitererzählt wird und/ oder in den Online-Bewertungsportalen landet, gilt es zu vermeiden – Jan-Peter Wulf

Machen: Feedbackkärtchen, ein Beispiel von „Bunte Burger“ aus Köln

Dr. Mario Binder und Ulrich Glemnitz sind die Gründer von Bunte Burger – Vegan Gourmet Food. Die FoodPreneure haben von Anfang an viel Wert auf Kundenfeedback gelegt. Jedem Gast haben sie ein Empfehlungs- und Feedbackkärtchen gegeben und offensiv um Feedback gebeten. Das hat gut funktioniert und so konnten sie viel lernen aus den Antworten und Anregungen ihrer Kunden. 

4. Eröffnung planen: Was habe ich von einem Soft-Opening?

Ich sehe zwei verschiedene Startpunkte für z.B. eine Ladeneröffnung:

  • Eröffnungstag/ Silent-Opening: Ohne großes Tam-Tam mache ich zum ersten Mal die Tür auf
  • Offizielle Eröffnungsfeier: 2 – 3 Wochen nach dem eigentlichen Opening.

Ich bin kein Fan von großen Eröffnungsveranstaltungen am Eröffnungstag. Davon würde ich sogar dringend abraten. Was kann passieren? – Im Zweifelsfall alles schiefgehen: Der Service ist nicht eingespielt, die Abläufe sitzen noch nicht – wie sollten sie es auch? Und dann ein Andrang mit hohen Erwartungen. Wenn es keine Warmlaufphase gab,  startet schlimmstenfalls eine Negativspirale: „War nicht so gut“ erzählt der Gast seinen Freunden weiter. Diese erzählen dann ihren Freunden weiter: „Soll nicht so gut sein“. Das ist die gefährlichste Aussage über neue Konzepte.

Soll nicht so gut sein – die gefährlichste Aussage über neue Konzepte – Jan-Peter Wulf

Machen: Soft-Opening

Meine Empfehlung ist die Eröffnung als Soft-Opening. Lasse 2-3 Wochen Zeit ins Land gehen und nutze diese Zeit u.a. um
Feedback einzuholen:

  • Gehe ins Gespräch mit Kunden und Gästen
  • Lass sich die Prozesse einspielen
  • Trainiere Deine Mitarbeiter trainieren
  • Optimiere Deine Produkte: Gerichte, Getränke etc.
  • Lasse Fehler passieren und ziehe daraus Konsequenzen.

Diese – möglicherweise verlusteinbringende – Startzeit solltest Du bereits in Deinen Businessplan entsprechend einkalkulieren. Hat sich alles ein wenig zurechtgeruckelt kannst Du Dein offizielles Eröffnungsevent starten.

5. Presse einladen: Wie gehe ich mit Fach-Journalisten und Bloggern um?

Ich gehe normalerweise gar nicht mehr auf Eröffnungsfeiern. Das macht für mich wenig Sinn:

  1. Es ist rappelvoll und ich kann mir z.B. die Auslagen in einem Laden gar nicht ansehen
  2. Essen sieht anders aus, es gibt kleinere Portionen z.B. beim oft gereichten Flying-Buffet – Fotos wären nicht repräsentativ – „So kleine Portionen haben die?“
  3. Eigentliches Ambiente/ Atmosphäre kann ich nicht spüren
  4. Betreiber hat keine Zeit, mir den Ort, an dem er jetzt viel Zeit verbringen wird, zu erklären. Zu viel Hektik.

Viele Gastronomen denken: Ich mach das jetzt alles in einem Aufwasch und dann war es das: Das ist ein absoluter Trugschluss und kann total nach hinten losgehen.

Machen: Individuelle Einladung aussprechen

Zielgruppe Journalisten: Eine Idee ist mit einzelnen Journalisten ins Gespräch zu gehen: Was interessiert Dich bei unserem Konzept besonders? Was sind Themen, über die wir gemeinsam sprechen können?

Zielgruppe FoodBlogger: Hier könnte ein Gericht des Hauses gekocht werden. Persönlich halte ich auch nichts von Blogger-Events, wo dann 20 – 30 Leute eingeladen und durchgeschleust werden. Nett fürs Networking, aber eine gute Gastro-Story kommt dabei kaum raus.

Nimm Dir mit Journalisten und FoodBlogger Zeit für individuelle Termine – Jan-Peter Wulf

Was sind Eure Erfahrungen bei Restaurants und Läden, die gerade zum 1. Mal die Tür geöffnet haben?