„Ich kenne jede Schraube persönlich.“ – Birge Frommann (52) hat nach gewonnenem Kampf mit dem Behördenwahnsinn, im Januar 2020 in Herrsching am Ammersee das Konturwerk – Café & CoWorking eröffnet. Das Besondere am Konturwerk ist die Atmosphäre, nichts bis wenig von der Stange, alles selbst gebaut.

Das Corona-Virus zwingt die Münchner Cafégründer zum Krisenmanagement. Wie war das, als du dein Café zugemacht hast? Was machst du jetzt? Wie und wo kann man dich jetzt unterstützen?

Diese drei Fragen stelle ich Münchner Cafégründern in meiner neuen Online-Reihe:  #supportmunichcafes : Corona-Krise, das machen Münchner Cafégründer jetzt Heute beantwortet Birge Frommann vom „Konturwerk“ meine Fragen.

In regelmässigen Abständen werde ich Birge und die anderen interviewten Unternehmer um Updates bitten. So bist du dabei und erfährst, wie es ihnen geht und wie sie ihr Business „back on track“ bringen.

Viel Durchhaltevermögen und Glück wünsche ich den Münchner Cafégründern. You rock!

#supportmunichcafes #CoronaUpdate

„Ich gebe dem Ammersee ein kleines Stück Urbanität.“

Veränderung war die einzige Konstante in Birge’s Leben. Was aber über Jahre hinweg gleich geblieben ist, ist ihre Leidenschaft für Cafés. Nachbarschaften, Städte, Kieze, lernt man in Cafés kennen. Das war für die Grafik-Designerin schon immer so.

Als die leidenschaftliche Kaffeetrinkerin und Webdesignerin mit jahrelanger Großstadtinfusion an den Ammersee zog, wurde ihr das Pendeln in die Stadt bald zuviel. Sie arbeitete freiberuflich und somit ohne Kolleg*innen. Der Rechner auf dem Schreibtisch wurde tagelang oft der einzige Ansprechpartner tagsüber und ihr war klar, dass sie nicht die nächsten Jahre so arbeiten möchte.

Sie testete den Wunsch nach einem Leben im Service-Bereich erstmal mit einer Stelle im Programmkino. Dort lernte sie als Theaterleitung alle Seiten der Medaille kennen – und ging oft mitten in der Nacht erledigt, aber positiv aufgetankt nach Hause. Der Grundstein war gelegt, das Ziel nahm langsam Gestalt an: Die geborene Westfälin besuchte einen Kurs zum Barista und Coffeeshop-Management in Berlin, ihrer alten Studienheimat.

Sie wollte eine Mischung aus Treffpunkt, Kreativität und mit einem gutem Kaffeeangebot schaffen. Alles, was sie selbst gern mag:

Ich gebe dem Ammersee ein kleines Stück Urbanität.

Entgegen vieler Meinungen glaubte sie fest daran, dass Herrsching der richtige Ort dafür ist, trotz der geringen Einwohnerdichte mit hohem Durchschnittsalter. Am Ammersee leben kreative offene Menschen, denen auch ein so ein Ort fehlt, davon war sie überzeugt.

Es hat etwas gedauert, als Quereinsteigerin musste sie bei Null anfangen. Dann kam die Immobiliensuche, gefolgt vom Behördenwahnsinn (sie sagt bloß Nutzungsänderung, Parkplatzverordnung, Gaststättenlizenz…) und dann konnte sie im Januar 2020 mit 2-monatiger Verspätung eröffnen.
 
Glücklicherweise hatte ich bei Bettina im Online-Bootcamp #IDEENZÜNDER aus meiner Idee ein knackiges Konzept erstellt. Ich hatte mein Konturwerk-Geschäftsmodell entwickelt  und wusste, mit welchen Einkommenssäulen ich Geld verdienen wollte. Springen musste ich dann selbst, aber die Vorarbeit durch den #IDEENZÜNDER war quasi mein Gleitschirm. Auch heute greife ich immer wieder auf die Ergebnisse aus dem Bootcamp zurück.

Das Konturwerk wurde in den Räumen einer ehemaligen Fahrschule eröffnet. Ohne jegliches Marketing füllte sich das Café innerhalb kurzer Zeit und wurde genau zu dem Ort, den die Gründerin vorher anstrebte. Sie fing mit einem einfachen Angebot an: Ein paar selbst gebackene Kuchen und täglich eine frisch gekochte Suppe. Guter Kaffee und Tee, Limo und Saft. Das war’s. Das Besondere am Konturwerk ist die Atmosphäre, nichts bis wenig von der Stange, alles selbst gebaut („Ich kenne jede Schraube persönlich“ Birge Frommann) – viel Birkensperrholz, gerade Linien und trotzdem gemütlich. Das Publikum spiegelt die Nachbarschaft wider: von 17J-84J sind alle dabei.

Manchmal gibt es Tage, an denen sie denkt, das sei alles nicht zu schaffen und sie wünscht sich für einen Moment eine Zeitmaschine. Doch dann kommen Gäste und bedanken sich herzlich dafür, dass es diesen Ort in Herrsching endlich gibt. „Vieles richtig gemacht 🙂 … und weiter machen“ heißt es dann, der Rest wird auch gut. Schnelles W-Lan und demnächst Arbeitsplätze mit entsprechender Infrastruktur sollen die Menschen mit Laptops an die Tische bringen. Ein Auge hat sie dabei durchaus auch auf die wirtschaftliche Entwicklung in der Region, die immer mehr Innovation entfaltet. Alternative Arbeitsmodelle nehmen zu und die Gründerin freut sich, wenn sie dazu beitragen kann, dass Herrsching entsprechende Möglichkeiten bietet und das in einer schönen Atmosphäre.

Birges‘ Motto: „Wir können es nicht ändern – wir nehmen es an und gehen dadurch.“

Wie war das, als du das „Konturwerk“ zugemacht hast?

Der Moment, an dem klar war, dass wir schließen brachte eigentlich Erleichterung. Die Tage zuvor waren viel quälender. Es kamen so wenig Gäste, und die, die kamen, waren alle gleich bedrückt. Ich habe mich über jede*n Einzelne*n gefreut, weil ich merken konnte, dass sie kamen, um uns zu unterstützen oder um nachbarschaftliche „Nähe“ zu suchen – wir haben alle Distanzregeln eingehalten 😉
Das war Trost und Traurigkeit zugleich. Trost, weil das Konturwerk innerhalb weniger Wochen zu einem Anlaufpunkt in der Nachbarschaft geworden ist. Traurigkeit, weil sich das Café in den Tagen vor der Schließung so stark verändert hatte, die Distanz zwischen den Tischen, die bedrückte Stimmung im Ort, all das hatten wir von morgens bis abends vor Augen .

Für mich, die im täglichen Einsatz ist, wurde das Konturwerk schnell zu meinem Zuhause, das mir im Alltag sehr fehlt. Mir fehlen unsere Gäste, die Begegnungen und Gespräche. Ich freue mich nun aber auch über viele Mails und Anrufe, die wir bekommen. Die Anteilnahme ist groß und ich bin fest davon überzeugt, dass wir diesen Gemeinsinn in die gesunde Zeit hinüberretten können.

Soforthilfe habe ich am Tag der Schließung beantragt und auch vor einigen Tagen einen Zuwendungsbescheid bekommen. Geld ist allerdings bisher nicht eingegangen. Glücklicherweise habe ich eine sehr nette Vermieterin, die mich unterstützt (Danke Johanna!) und jede Menge Hoffnung.

Was machst du jetzt?

Frei ist die Zeit nicht, aber inzwischen langsam wieder der Kopf. Glücklicherweise, denn so kann ich die Zeit nutzen, um an meinem Marketing zu arbeiten. Wir haben das Café ja völlig chaotisch eröffnet. Durch die vielen Stolperfallen vor der Eröffnung, die mich u.a. so aus dem Zeitplan gebracht hatten, habe ich quasi ohne alles eröffnet: Logo, Social Media, Website, Menü, Schaufensterbeschriftung, Flyer, Visitenkarte… nichts vorhanden.
Vor allem aber fehlt noch völlig die zweite Säule des Geschäftsmodells: der CoWorking-Bereich. Mein Mann und ich werkeln nun fleißig an der Ausstattung. Was nicht ganz leicht ist, da wir das Material ja nur online erhalten und ich in solchen Dingen ein haptischer Mensch bin.

In den Tagen vor der Schließung habe ich eine Facebookseite eingerichtet, ein Interimslogo gestaltet, eine Webvisitenkarte erstellt und einen kleinen Online-Shop errichtet. Das ist alles recht einfach gehalten – „done is better than perfect. (Sheryl Sandberg)“ – und wird schrittweise verbessert und ausgebaut.

Nun bin ich beschäftigt damit, das Konzept des CoWorking-Bereichs zu gestalten, Preismodelle festlegen, Drucksachen zu entwerfen, etc.
Für das Café denke ich über Verbesserungen im Thekenbereich nach und über neue Kuchenideen für den Sommer.

Wie und wo kann man dich unterstützen?

Wir haben, wie gesagt einen kleinen Online-Shop errichtet. Dort bieten wir unsere hauseigene Kaffeemischung an, die wir von der Kaffeerösterei am Ammersee beziehen. Das ist ein kräftiger Kaffee, der viele Freund*innen hat. Die Rösterei kann ich übrigens sehr empfehlen: Stephanie Leonhardt achtet sehr auf Nachhaltigkeit und stellt auch immer wieder leckere Mischungen zusammen.

Ansonsten gibt es noch Gutscheine und die Möglichkeit, zu spenden.

Wir planen, den Shop ständig um kleine Dinge zu erweitern. Immer mal wieder reinschauen lohnt sich.
Nach Ostern werden wir auch wieder Suppe kochen und 1x/Woche zum Abholen anbieten. Wenn das angenommen wird, dann bauen wir das auch gern weiter aus. Dafür musste ich über meinen Schatten springen und Einwegverpackungen ordern. Das wollte ich auf keinen Fall, aber nun geht es nicht anders. Allerdings haben wir darauf geachtet, dass diese Verpackungen fair und nachhaltig produziert werden und kompostierbar sind. Alles mit Zertifizierung. Den Kuchen dürfen wir ja leider nicht außer Haus verkaufen, das war unser Aushängeschild.

Im Video macht Birge mit dir einen Rundgang durch das Konturwerk. Mach einfach KLICK! und du kommst direkt zum Video (3:49 Minuten) von Birge auf YouTube.

Birge Frommann von Konturwerk im Münchner Süden freut sich auf deine Unterstützung

Und so kannst du Birge unterstützen:

  • Einkaufen und Gutscheine erwerben kannst du hier im Onlineshop
  • Virtuellen Kaffee (Spende) trinken

Du findest das Konturwerk in der Bahnhofstr. 23 in 82211 Herrsching am Ammersee

Kontakt unter Tel. 08152  917 2223

Und so geht’s weiter…

Liebe Birge, ich danke dir riesig, dass du deine Gedanken, Gefühle und jetzt dein Machen mit uns teilst.

Das Portrait von Birge ist Teil meiner Online-Reihe: #supportmunichcafes : Corona-Krise, das machen Münchner Cafégründer jetzt. Hier bekommst du spanende Einblicke in das Krisenmanagement der Unternehmer. Leider ist noch kein Ende der Corona-Krise in Sicht. Die Cafégründer stehen weiter vor grossen Herausforderungen. Ich stehe mit den Teilnehmern meiner Online-Reihe in Kontakt und werde regelmässig Updates posten.

Morgen geht es weiter mit Katrin Grosse und Dr. Tatjana Reichart vom kitchen2soul.

Auf Münchner Cafés in Zeiten von Corona findest du eine Übersicht Münchner Cafégründer, die du mit Gutscheinen, Einkaufen im Online-Shop, Spenden und mehr unterstützen kannst.

Bleib gesund!

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Du hast auch den Traum vom eigenem Café oder anderer Gastro? Dann hab ich hier was für dich:

Endlich das eigene Café oder eine andere Gastro eröffnen: Den wenigsten Gründern ist bewusst, was da alles auf sie zukommt. Für deinen Durchblick habe ich eine Schritt-für-Schritt Anleitung erstellt.  >>  Cafégründung: Schritt-für-Schritt Anleitung zum Erfolg