Yep, du kannst ein Café eröffnen ohne Erfahrung, ohne Ausbildung und ohne Meisterbrief. Kannste machen, ist dann aber oft kacke! Viele Interessenten, die ein Café eröffnen wollen, fragen mich?: Was braucht man? Was muss ich beachten? Sie wollen wissen: Wie finde ich den richtigen Standort? Welche Genehmigungen und Auflagen muss ich beachten?

Ich frage dann oft erst mal: Hast du Erfahrung in der Gastronomie?

Fast alle sind Quereinsteiger und mehr 70% antworten:

Nein ich habe keine Erfahrung in der Gastronomie.

Das finde ich problematisch. Wenn du ein Café aufmachen willst, solltest du am eigenen Leib erfahren, dass die Realität im Café-Business anders ist – und viel weniger glamourös – als in deiner Annahme.

Du hast noch keine Erfahrung in der Gastro?

Das kannst du ändern! In diesem Blogpost rede ich Klartext, und gebe Antworten warum…

  • du unbedingt Erfahrung in der Gastro sammeln solltest
  • ich keine Ausreden gelten lasse
  • deine Praxis-Erfahrung eine Win-Win Situation für dich und den Café-Inhaber sein kann.

Hol‘ dir deinen Kaffee und los geht’s!

1. Erlebe den Café-Alltag, wenn die Türen offen sind

Wenn ich mit Café-Gründern in spe spreche, schaue ich meist in leuchtende Augen. Ich frage sie nach ihrem WARUM – ihrer Motivation – für die Café-Gründung. In schillernden Farben erzählen sie mir: dass sie so gerne Gastgeber sind, ein wunderschönes Wohnzimmer mit gemütlicher Atmosphäre zaubern wollen und sich total darauf freuen, Freunden und Gästen Kaffee und Kuchen zu servieren. Das ist geil! Keine Frage.

Aber stop, das ist nur ein kleiner Teil deines zukünftigen Cafélebens.

Denn der Café-Alltag ist ganz häufig viel weniger glamourös als du dir vorstellt. Im Praktikum kannst du in der Praxis vorher erleben, was der Café-Alltag sonst noch für Facetten für dich bereit hält.

  • Es ist physisch anstrengend, denn hier ist viel Schlepperei angesagt.
  • Es ist außerdem psychisch anstrengend, denn oft hast du Sorgen im Hinterkopf. Sorgen im Sinne von Oh jeee, ich verdiene nicht genug!, Himmel, die Lieferung ist nicht gekommen!, Die Eier sind schlecht! und draußen sitzt trotzdem die Crowd und möchte Service und Qualität wie immer.
  • Oder die Kaffeemaschine geht kaputt! Übrigens mit Vorliebe am Wochenende – Was machst du?

Der Alltag ist also stressig. Auf der anderen Seite erfährst du hautnah, wie beglückend und grossartig es ist, mit den Gästen zu sprechen und zu erleben, wie sie Konzept, Kaffee und Co finden. Das ist geil! Das ist es ja, warum du es selbst machen willst.

Du erlebst aber auch, was neben dem Servieren, Kaffeemachen usw. noch alles auf dich zukommt:

  • du müsst das Klo schrubben, das gerade jemand volllgekotzt hat.
  • die Spülmaschine gibt ihren Geist auf. Und jetzt?
  • ein Gast motzt rum – Wie fängst du ihn wieder ein? Wie gibst du ihm das Gefühl, dass du seine Einwände ernst nimmst? Was für eine Lösung findest du?

…und dann ist lange noch nicht Schluss

Es ist hoffentlich nix Neues für dich, wenn ich dir sage, dass der Café-Alltag nach acht oder neun Stunden Öffnungszeit noch lange nicht vorbei ist. Dann kommt nämlich der weniger spannende Teil, der aber auch superwichtig ist. Dann steht z.B. folgendes auf der To-Do-Liste:

  • Marketing planen und umsetzen: Du willst mit deinem Café sichtbar und bekannt werden. Das passiert nicht einfach so, sondern du musst das aktiv in die Hand nehmen. So steht dann z.B. an: Social Media und Bewertungsportale checken, Newsletter schreiben.
  • Einkauf regeln: Je nach Einkaufszyklus – Was brauchst du alles für die nächsten zwei Tage/ sieben Tage? Habe dabei außerdem im Hinterkopf, dass du dich häufig selbst um den Einkauf kümmern musst. Viele Anbieter haben Bestellmengen-Limits. Bist du unterhalb der Limits, musst du oft selber losziehen und einkaufen. Das musst du zeitlich in deinen Tagesablauf mit einrechnen.
  • Zahlen, Buchhaltung und Steuern im Griff haben: Tja, das macht vielleicht wenig Spass. Ist aber sauwichtig, das du den Durchblick hast, wie du gerade wirtschaftlich dastehst. Vielleicht musst du dann deinen Wareneinsatz und deine Preise optimieren, dir was zum Thema UPSALE überlegen.

Also, wenn du Praxis-Erfahrung sammelst, kannst du dabei erfahrenen Café-Gründern über die Schultern schauen. Du erfährst live, wie sie ihre Gastro-Gründung Schritt-für-Schritt aufgebaut haben. Und was die eigentlich so den ganz Tag lang tun, wie sie es tun und wie lange was dauert. Mit diesen Learnings sparst du dir später im eigenen Laden so manchen Fehler.

2. Lerne und schaue ab

Wie haben die Cafébesitzer ihre Prozesse aufgestellt? Wie haben sie beispielsweise den Service organisiert? Wer macht was, wie lange und warum? Wie sind die Abläufe in der Küche? Wie funktioniert das mit der Speisenvorbereitung?
Es ist ja nicht so, dass da eine Bestellung für einen Salat hereinkommt und dann mit dem Salatputzen und –schnibbeln erst losgelegt wird. Bestimmte Salatanteile sind ja vorbereitet.

  • Aber wie läuft die Vorbereitungsphase ab?
  • Wie viel Platz wird für die Vorbereitungsarbeiten benötigt, und wer kümmert sich überhaupt darum?
  • Wie viel Zeit muss man am Morgen für die Vorbereitung einkalkulieren?
  • Und wie viel Zeit benötigt man dann tatsächlich noch von: Bestellung kommt rein bis Salat steht beim Gast auf dem Tisch?

Neben den Prozessen kannst du dir alle möglichen weiteren Tipps und Tricks abschauen. Eine Cafégründerin, die Kaffeetassen ohne Henkel nutzte, sagte mir:

Wir haben henkellose Becher. Davon passen dann mehr in die Spülmaschine mit dem Ergebnis, dass pro Tag weniger Spülgänge nötig sind. Wenn ich das auf eine Woche, einen Monat oder aufs Jahr durchrechne, bedeutet das ganz klar eine Kostenersparnis.

Hattest du diese Idee auf dem Schirm?

Und dann erfährst du live, was du selbst gut findest und gern für dein Konzept übernehmen möchtest. Oder auch nicht.

3. Mache Research direkt an der Front

Ich ermutige dich, mache deine eigenen Nachforschungen. Sprich mit den Café-Gründern und stelle Fragen:

So bekommst du Einblicke, die du bei deinen Recherchen im Internet niemals finden wirst. Du bist direkt an der Front und kannst jede Menge Fragen stellen, die dir unter den Nägeln brennen.

4. Gebe Finanzierungspartnern mehr Sicherheit

Möglicherweise benötigst du für deine Gründung eine Finanzspritze, sei es von Banken, Freunden oder Familienangehörigen. Sehen wir uns mal den Bankenkredit an. Banken vergeben nicht sogern Kredite an zukünftige Gastronomen. Warum ist das so?

Die Erfahrung zeigt, dass die „Flop-Rate“ in der Gastronomie riesig ist. Ja, der Traum vom eigenem Café geht oft schief. Warum? Weil hier zwei Wissenszweige im Bereich Gastronomie aufeinandertreffen, von denen die Kreditantragsteller häufig keine Ahnung haben.

Sie wissen nicht, …

  • wie die Gastro tickt. Viele Gastro-Gründer haben keine Praxiserfahrung.
  • wie sie erfolgreich gründen. Die allermeisten Gründer kommen aus einer Festanstellung.

Die Bank will von dir Sicherheit für ihre Kreditvergabe. Sie will Beweise von dir, dass du weißt, wovon du sprichst und worauf du dich einlässt. Je mehr Praxiserfahrung du in deiner Erfahrungsbilanz im Businessplan nachweist, desto eher ist die Bank davon überzeugt, dass du das Ganze wirklich willst und es ernst meinst. Die Bank will die grösstmögliche Sicherheit, dass sie bei dir in die richtige Person investiert.

Apropos Finanzierung und Förderung. Du stellst dir gerade die folgenden Fragen:
• Wie bekomme ich mein Startkapital für die Gründung zusammen?
• Gibt es eigentlich Unterstützung vom Staat, wenn man sich selbständig macht?
• Mein Eigenkapital reicht nicht für die Finanzierung. Was kann ich jetzt machen?
• Könnte Crowdfunding was für mich sein?

Wunderbar, denn genau zu diesen Punkten habe ich den Ratgeber „Finanzierung & Förderung in der Gastronomie“ geschrieben.

„Ja aber, das geht nicht, weil…

ein Praktikum, kommt für mich nicht in Frage!“ Das sind oft genannte Gründe:

„ich bin zu alt für so ein Praktikum.“
Dann frage ich mich: Wieso bist du zu alt für ein Praktikum? Das, was du in dem Café während eines Praktikums machst, ist später über Jahre lang genau dein Job. Genau das, was du dann machen wirst.
Wenn du also dein eigenes Café am Start haben willst, dann rein in die Praxis! Probiere es aus, und sammle möglichst viel Erfahrung. Denn deine Erfahrungskurve in den verschiedenen Cafés wird riesig sein. Und dann hast du weniger Trial-Error in deinem eigenem Unternehmen.

„ich bin noch im Angestelltenverhältnis. Dafür müsste ich mir Urlaub nehmen.“
Oh ja, dann musst du dir Urlaub nehmen, das kann schon sein.
Aber führe dir vor Augen, was du in der Praxis alles an Erfahrung und Wissen mitnimmst, wenn du vorab mal in dein zukünftiges Business reinschnuppern kannst. Alles Learnings, die du später in deinem eigenen Café anwendest. Umso mehr Erfahrung du hast, desto geringer ist die Gefahr, dass dein Projekt eine Bruchlandung macht.

 Also, diese Ausreden funktionieren nicht.

Tipps für dich, wenn du jetzt noch keine Erfahrung hast

  1. Suche dir mindestens zwei Praktikumsplätze für jeweils wenigstens zwei Wochen. Je länger, desto besser. Solch ein Praktikum zu vergeben, ist ja auch für den jeweiligen Inhaber nicht einfach nur lustig. Er muss sich ja auch überlegen, was er mit dir tut, denn er will dich ja nicht einfach nur „mitlaufen“ lassen. Du sollst ja schließlich auch einen gewissen Einblick bekommen, also nimmt er sich Zeit für dich.
  2. Finde Antworten auf die Frage: Was gebe ich dem Cafébetreiber zurück? Du könntest beispielsweise argumentieren: „Ich gebe dir den unvoreingenommenen frischen Blick von außen, wie ich bestimmte Dinge wahrnehme: Wie ist der Service aufgestellt? Wie finden die Gäste dein Café? Was wünschen sie sich? Ich spreche mit den Gästen und gebe dir Feedback.“

Café-Inhaber schreien übrigens nicht laut Jucheee, wenn jemand bei ihnen ein Praktikum machen will. Hier eine Aussage, warum nicht:

Ja, die Leute fangen an – und viele kommen schon nach dem ersten Tag nicht mehr! Warum? Weil es ihnen zu anstrengend ist!

Behalte diesen Vorbehalt im Hinterkopf, wenn du bei Café-Besitzern nach einem Praktikumsplatz fragst.

Café eröffnen ohne Erfahrung und Ausbildung – besser nicht!

Mein Tipp für dich:
Finde mindestens drei Argumente, welchen Nutzen der Café-Betreiber hat, wenn du kommst. Dann wird es für beide Seiten eine Win-Win-Situation. Argumente können z.B. sein:

  • frischer Blick von aussen – gegen Betriebsblindheit
  • Expertise einbringen, die dem Cafégründer was bringt – überlege, was deine Kompetenzen und Stärken im jetzigen Job sind. Und auch in den Vorherigen. Vielleicht bist du fit in Marketing, PR, Social Media, im Kundenmanagement whatever.

Hast du schon eine Idee, wo du am liebsten ein Praktikum machen würdest? Dann schreibe dir ein Liste. Ansonsten kannst du auch schauen, wo bei dir in der Nähe WANTED-Anzeigen im Fenster hängen.

Jetzt stellst du deine Bewerbungsunterlagen zusammen mit: Deine Motivation, Nutzen für den Café-Inhaber und kurzem Lebenslauf.

Und los geht’s!

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Du willst wissen, was es kostet ein Café zu gründen?
Damit du weisst, welche Kosten auf dich zu kommen. Und wie du die Hauptkostentreiber in den Griff bekommst. Hier gibt es Antworten und Tipps.
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